Ausgesprochen kindlich

„Ja bist Duuuuu ein großes Baby? Ja bist Du grooooooß! Und sooooo eine warme Haube hast Du auf!? Sooooooo eine warme Haube!“

Sie kennen das vielleicht!? Wenn man mit Babys spricht, dann verfällt man in einen sehr hohen Stimmklang und eine singende Sprachmelodie, artikuliert übertrieben und reduziert die Wortwahl auf ein simples Minimum.

Warum ist das so? Macht das Sinn? Ist dieser „Baby Talk“ kulturspezifisch oder ist es ein weltweites Phänomen?

Forscher der Harvard Universität in den USA haben aus über 1600 Aufzeichnungen von „Baby Talk“ in 18 Sprachen herausgefunden, dass sämtliche Probanden unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund  dieselben Verhaltensmuster zeigen: hoher Stimmklang, singende Sprachmelodie, vermindertes Sprechtempo und bewusstes Setzen der Pause für eine Antwort. Allen gemeinsam war auch der Einsatz der Körpersprache: hochgezogene Augenbrauen, starke Mundöffnung und Lächeln während der Kommunikation mit dem Baby.

Um es als weltweites Phänomen zu untersuchen, wurde Probanden Baby Talk und Erwachsenentalk in einer ihnen fremden Sprache vorgespielt und alle erkannten nach Zehntelsekunden den „Baby Talk“. Wenn das weltweit alle Erwachsenen machen, muss es doch einen Sinn haben!?

Was ist der Sinn dieses Baby Talks?

Das hat wiederum die Universität Göttingen herausgefunden:

Die ForscherInnen um Dr. Krista Byers-Heinlein haben Babys „Baby Talk“ und normale Erwachsenensprache angeboten. Sie maßen die Dauer der Aufmerksamkeitsspannen und konnten feststellen, dass die Babys den SprecherInnen mit „Baby Talk“ länger zuhörten, als normaler Erwachsenensprache. Dazu meint Prof. Dr. Nivedita Mani, Sprachpsychologin an der Universität Göttingen, dass die Merkmale von „Baby Talk“ die Zuwendung an eine Quelle unterstützt und dadurch das Lernverhalten stark fördert.

Auf jeden Fall haben alle diese Untersuchungen ergeben, dass die Mütter universell gültigen Mustern folgten, die demnach angeboren sein dürften.

Meine Meinung:

  • Der „Baby Talk“  hat absolut seine Berechtigung, denn die hohe Tonlage und die einfachen Worte, gepaart mit übertriebener Mimik, wecken die Aufmerksamkeit des Babys.
  • Hohe Töne haben eine kurze Schwingungsfrequenz, die vor allem im Kopf zu bemerken sind. Damit wird das ZNS (= Zentralnervensystem = Gehirn) aktiviert und aufgefordert, wach und für neue Inputs bereit zu sein. Dafür sprechen auch die meistverwendeten und hochfrequenten Vokale „I“ und „E“ bei „Baby Talk“!
  • Die bewusst gesetzte Pause, animiert das Baby zu einer Reaktion/ einer Antwort!
  • Das Wiederholen der einzelnen Wörter und Sätze erhöht deren Wiedererkennungswert.
  • Und nach oftmaligen Wiederholungen, probiert das Baby ebenfalls seine Stimme und sein Brabbeln aus. Die positive Reaktion macht dem Baby Freude und animiert es zu weiteren Sprechversuchen.
  • Auch verlangt der „ Baby Talk“ von der sprechenden Person 100% Aufmerksamkeit und Hinwendung an das Baby, was einer gesunde Kommunikation entspricht.

Achtung!

„Baby Talk“ hat nichts mit der Verniedlichung sämtlicher Worte wie: „ Hundi, Betti, Apfi, Balli, usw.“ oder anderen Verballhornungen zu tun! Es bedeutet rein die höhere Tonlage, melodiösere Stimmmelodie und verlangsamtes Sprechen mit einfachen Worten.

Wenn das Kind selber beginnt Wörter zu verwenden, werden auch die Eltern ihr verbales Feedback darauf abstimmen und nicht mehr mit „Baby Talk“ und Brabbeln reagieren, damit sie ihrem Kind den Spracherwerb erleichtern.

Sollten Sie neugierig geworden sein, wie der normale Spracherwerb abläuft, darf ich Sie hier zu einem diesbezüglichen Blog Post weiterleiten: Spracherwerb

4 Kommentare

  1. Gigga Neunteufel

    Ist das spannend!
    Das habe ich noch nie so genau überlegt.
    Das muss ich gleich den jungen Müttern in meinem Umkreis weiterschicken 🙂
    Danke vielmals für die interessanten Informationen

    Weiterhin viel Erfolg
    Ich freue mich auf den nächsten Newsletter
    herzlich
    Gigga Neunteufel

    1. Sanne Stria

      Ja, bitte gerne an alle Mütter weiterschicken, denn sie verwenden ja den „Baby Talk“ und mit diesem Blog Post wird es noch klarer, dass es Sinn macht!
      Ganz liebe Grüße retour
      Sanne

  2. Herta

    Danke für deinen Beitrag! Du findest immer spannende Themen! Als Großmutter einer Einjährigen spricht mich das natürlich noch mehr an – auch wenn mir der Inhalt bekannt ist – du bereitest das toll auf! 🙂

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